Substanzielles – «Hauptstadt»-Brief #294
Samstag, 16. März – die Themen: Stadtrat, Unibibliothek, Noti Wümié, UPD, Insel-Gruppe.
Seit der Eröffnung des weltweit ersten Fixerstüblis gilt die Stadt Bern als progressiv in Sachen Drogen. Dieses Jahr ist eine Studie angelaufen, in der Cannabis zu «Genusszwecken» legal abgegeben wird. Und der Stadtrat hat ein Postulat für einen wissenschaftlichen Pilotversuch für den kontrollierten Kokain-Verkauf gutgeheissen.
Die neueste Initiative zu einem liberaleren Umgang mit Substanzen kommt aber aus Zürich.
Auf dem Blog «Substanzielles» erzählen Menschen anonym von ihrem Konsum illegaler Substanzen. Es sind Geschichten von Personen verschiedenen Alters und aus jeglichen Berufen, die sich den Risiken ihres Konsums bewusst sind und ihre «Reisen» sorgfältig planen und durchführen.
Auch Berner*innen sind dabei: Selma war kürzlich auf LSD im Thermalbad und sah kaleidoskopische Muster in den Wolken. Pedro fühlt sich durch seine psychedelischen Erfahrungen stärker mit dem Leben verbunden.
Lanciert wurde das Projekt letzte Woche von einer Gruppe anonymer Menschen rund um die Zürcher Verkehrsplanerin Stefanie Pfändler. Es möchte zu einem verantwortungsvollen und sicheren Umgang mit Substanzen beitragen und das Stigma «Drogen» abbauen. Denn: «Der Konsum illegaler Substanzen ist für viele Menschen ein normaler Teil ihres Lebens», heisst es auf der Website. Und die Einteilung in legale und illegale Drogen habe nichts mit ihrer realen Gefährlichkeit zu tun.
- Stadtrat-Brief: Der Stadtrat hat gestern das Kita-Reglement revidiert: Aktuell gibt es pauschale Zuschläge, unabhängig vom Einkommen. Neu erhalten Familien mit tieferen Einkommen einen höheren Zuschlag als solche mit einem grösseren Einkommen. Debattiert und abgestimmt hat der Stadtrat auch über das Gaswerkareal, den Entwicklungsschwerpunkt Ausserholligen und das Wifag-Areal. Die Details dazu kannst du im Stadtrat-Brief der «Hauptstadt» nachlesen.
- Unibibliothek: Eine Universität ist undenkbar ohne Bibliothek. Was aber ist die Aufgabe dieser Institution, wenn digitale Bücher die gedruckten immer mehr ablösen? Sonia Abun-Nasr, Direktorin der Unibibliothek, hat mir bei einem Rundgang durch die Bibliothek Medizin gezeigt, wie analoge und digitale Angebote einander ergänzen: Angehende Mediziner*innen lernen gleichzeitig mit dem gedruckten Anatomie-Atlas und einem digitalen Seziertisch. Weitere Artikel aus dem Uni-Schwerpunkt der «Hauptstadt» kannst du hier nachlesen.
- Musik: Gestern ist das neue, zweite Album von Noti Wümié erschienen. «Sorry Zäme» sei ernster und politischer als die früheren Songs, schreibt meine Kollegin Andrea von Däniken. Sie hat das Duo – bestehend aus Grégoire Vuilleumier und Benjamin Noti – getroffen und erfahren, dass Erlebnisse von Sucht und Depressionen hinter den Liedern stecken. Schwer in den Themen, aber leichtfüssig in der Form, haben die Songs Ohrwurm-Potenzial.
- Psychiatrie: Die Universitären Psychiatrischen Dienste Bern (UPD) haben eine neue Klinik für Forensische Psychiatrie und Psychologie eröffnet, wie der gestern publizierten Mitteilung zu entnehmen ist. Dies in Kooperation mit dem Amt für Justizvollzug und der Generalstaatsanwaltschaft. In Betrieb ist die neue Klinik seit dem 1. Februar 2024. Sie betreut unter anderem Personen in den Vollzugsanstalten und erstellt psychiatrische Gutachten für die Staatsanwaltschaften und Gerichte. Das neu geschaffene forensische ambulante Versorgungsangebot sei kostendeckend und ausreichend refinanziert, heisst es in der Mitteilung.
- Gesundheitswesen: Die Insel-Gruppe schrieb letztes Jahr einen Verlust von 113 Millionen Franken. Dies bei einem Umsatz von 1,8 Millionen Franken. Zum grossen Defizit hat das Regionaljournal hat Reaktionen aus dem Kantonsparlament gesammelt: Regina Fuhrer (SP) appelliert an die Aufsichtspflicht des Regierungsrates, Christoph Zimmerli (FDP) will das Verhältnis zwischen Insel und Uni genauer anschauen und Peter Gerber (Mitte) findet eine externe Untersuchung nötig. Gesundheitsdirektor Pierre Alain Schnegg wiederum erklärt das Defizit mit grossen Projekten wie dem Neubau und der Einführung des neuen IT-System.
PS: Ausschlafen und Flohmi-Schätze ergattern schliessen sich meistens aus. Nicht so beim heutigen Nachtflohmarkt im «Das Dazwischen» an der Mühlemattstrasse 50 in Bern: Er beginnt erst um 16.30 Uhr und dauert bis 22 Uhr. Die Organisator*innen kündigen «Vintage Schätze, Secondhand Kleider, Accessoires, Selfmade Stuff, Art, Foodtruck, Drinks, DJ & more» an.